Lindy Hop History

Lindy Hop ist ein Tanz, der während der „Great Migration“ zwischen den 1910er und 1930er Jahren in afroamerikanischen Communities entstand. In dieser Zeit zogen rund 1,6 Millionen Schwarze Menschen aus dem Süden der USA in nördliche Großstädte, auf der Suche nach mehr Sicherheit, wirtschaftlichen Chancen und einem Leben mit weniger Gewalt und Diskriminierung. Sie entwickelten dort ihre bereits reiche Kultur, Kunst, Literatur und Musik weiter – insbesondere Blues und Jazz. Die großen Big Bands dieser Zeit spielten Swing, zu dem in den Clubs energiegeladen, kreativ und gemeinschaftlich getanzt wurde.

In diesen lebendigen Szenen entstanden ständig neue Tanzstile. Manche verbreiteten sich über die Stadtteile hinaus, andere blieben lokal oder verschwanden wieder. Besonders prägend war der Savoy Ballroom im New Yorker Stadtteil Harlem – ein Raum, der trotz der damals herrschenden Segregation das gemeinsame Tanzen von Schwarzen und weißen Menschen zuließ. Dort entwickelte sich Ende der 1920er Jahre auch der Lindy Hop: dynamisch, verspielt und improvisationsfreudig für beide Tanzrollen. Er vereinte Elemente aus Tänzen wie dem Charleston und dem Steptanz, war tief in afrikanischen und afroamerikanischen Bewegungstraditionen verwurzelt und zeichnete sich durch eine gelassene, humorvolle Energie aus. Frankie Manning, einer der bedeutendsten Tänzer dieser Epoche, sagte: „I've never seen a Lindy Hopper who wasn't smiling.“ Diese Lebensfreude ist bis heute ein Kern des Social Dancing, bei dem Menschen aller Hintergründe und Identitäten miteinander tanzen.

Nach dem Ende der Swing-Ära verschwand Lindy Hop weitgehend aus der breiten Öffentlichkeit, wurde aber in vielen Black communities weiterhin gepflegt. Während Bebop musikalisch populär wurde und Rock'n'Roll, Jive und Boogie als Nachfolger aufkamen, blieb Lindy Hop ein wichtiger, wenn auch weniger sichtbarer, Teil afroamerikanischer Tanzkultur. Erst in den 1980er Jahren gewann der Tanz international wieder Aufmerksamkeit. Einige europäische Tänzerinnen suchten gezielt nach den Künstlerinnen der ursprünglichen Swing-Ära – darunter Frankie Manning und Norma Miller – und lernten direkt von ihnen, wodurch Wissen und Technik an eine neue Generation weitergegeben werden konnten.

Heute gibt es weltweit Lindy-Hop-Communities, Events und Festivals. „Lindy Exchanges“, internationale Wettbewerbe und regelmäßige Kurse, Tanzschulen und Socials bilden das Herz dieser Szene und tragen dazu bei, den gemeinschaftsorientierten Ursprung des Tanzes lebendig zu halten.

Mit dieser Popularität gehen jedoch auch Herausforderungen einher. Schon in der ursprünglichen Swing-Ära wurden Schwarze Tänzerinnen und Musikerinnen systematisch ausgebeutet, unterbezahlt oder unsichtbar gemacht. Elemente ihrer Kultur wurden kommerzialisiert, vereinnahmt oder „whitewashed“, oft ohne Anerkennung oder Beteiligung derjenigen, die sie geschaffen hatten.

In den letzten Jahren ist der Blick auf die Herkunft des Lindy Hop und auf Fragen der kulturellen Aneignung stärker in den Fokus der Szene gerückt. Auch für uns bei AttiCat Swing ist es wichtig, den Lindy Hop als Tanz mit afroamerikanischen und afrikanischen Wurzeln zu verstehen – und dies so respektvoll wie möglich zu vermitteln. Als Menschen, die selbst nicht Teil dieser Kultur(en) sind, bemühen wir uns darum, verantwortungsvoll zu lernen, zuzuhören und die Herkunft des Tanzes wertschätzend in den Mittelpunkt zu stellen.

Folgender Text gibt euch eine ganz wunderbare Einführung in den Themenkomplex:

https://thomscottphillips.substack.com/p/modernity-in-rhythm

Wir empfehlen auch den CVFC:

https://www.collectivevoicesforchange.org/

 

Die Bedeutung des Jazz für das Schwarze Amerika, damals bis heute

Die Jazz-Geschichte hat viele stille und schillernde Figuren. Eine bedeutende davon greifen wir uns heraus, um die historische Tragweite des Jazz zu erklären.

Duke Ellington – eine Ikone des Jazz
Edward Kennedy „Duke“ Ellington (1899–1974) gilt als einer der bedeutendsten Komponisten, Bandleader und Pianisten des 20. Jahrhunderts. Mit seinen Kompositionen prägte er den Jazz wie kaum ein anderer und erhob ihn zur Kunstform, die in Konzertsälen und auf internationalen Bühnen Anerkennung fand. Ellingtons Werk verband musikalische Innovation mit kultureller Selbstbehauptung – und machte ihn zu einer Stimme afroamerikanischer Identität.

Vom Butler-Sohn zum Ehrengast im Weißen Haus
Dass Ellingtons Vater zeitweise als Butler im Weißen Haus arbeitete und Ellington selbst Jahrzehnte später zu seinem 70. Geburtstag dort vom amtierenden Präsidenten geehrt wurde, ist ein kraftvolles Symbol für gesellschaftlichen Wandel. Jazz, geboren aus den Erfahrungen der afroamerikanischen Community, war von Beginn an mehr als Unterhaltung: Er verkörperte Kreativität, Selbstbestimmung und die Fähigkeit, trotz Unterdrückung eine eigene Stimme zu finden.

In den 1920er- und 1930er-Jahren, der Zeit der Harlem Renaissance, wurde Jazz zum kulturellen Ausdruck einer neuen afroamerikanischen Identität. Künstler wie Ellington trugen dazu bei, dass diese Musik nicht nur in Clubs, sondern auch in Konzertsälen und schließlich in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen Anerkennung fand. Als Ellington im Weißen Haus geehrt wurde, war dies nicht nur eine Würdigung seiner Kunst, sondern auch ein Zeichen dafür, dass afroamerikanische Kultur die nationale Identität der USA mitprägte.

Für die Bürgerrechtsbewegung der 1950er- und 1960er-Jahre war Jazz ein Resonanzraum: Musiker wie Ellington, Louis Armstrong oder später John Coltrane und Nina Simone nutzten ihre Plattform, um subtil oder offen gegen Rassismus Stellung zu beziehen. Jazz wurde zum Soundtrack des Kampfes um Gleichberechtigung – eine Musik, die Freiheit und Improvisation feierte und damit die Ideale der Bewegung widerspiegelte.

Ellingtons Weg vom Sohn eines Bediensteten zum geehrten Gast im Zentrum politischer Macht zeigt, wie Kunst gesellschaftliche Barrieren überwinden kann. Es ist ein Beispiel für Empowerment: Die afroamerikanische Community schuf mit Jazz nicht nur eine neue Kunstform, sondern auch ein Instrument der Selbstbehauptung und des sozialen Aufstiegs. Die Ehrung im Weißen Haus markiert den Übergang von einer Ära der Ausgrenzung zu einer Zeit, in der afroamerikanische Kultur als integraler Bestandteil der amerikanischen Identität anerkannt wurde.

Diese Entwicklung hallt bis heute nach, auch im Tanz

Die Entwicklung, die Ellington verkörpert, wirkt bis in die Gegenwart. Afroamerikanische Kultur hat nicht nur die USA, sondern die gesamte westliche Welt geprägt: Von Jazz über Blues, Gospel und Soul bis hin zu Hip-Hop und R&B – diese Musikrichtungen sind heute Grundpfeiler der globalen Popkultur. Sie beeinflussen Mode, Sprache, Tanz und gesellschaftliche Debatten. Künstler wie Beyoncé, Kendrick Lamar oder Herbie Hancock stehen in einer Tradition, die mit lange vor ihnen begann: Kunst als Ausdruck von Identität und als Stimme gegen Ungerechtigkeit.